Die Elektroraderitis
oder die unaufhaltsame Vermehrung der SteckdosenradlerInnen
Eine Polemik
Natürlich gibt es viele Menschen, die auf unterschiedlichste Weise
begründen können, warum sie nicht mehr ohne ein Fahrrad mit Hilfsmotor auskommen können oder eher möchten.
Manche können es sogar sehr gut begründen, Altersgründe, gesundheitliche
Einschränkungen usw; diese Nutzer sind aber nicht gemeint.
Die Trendsetter sind gemeint, die Mitmacher.
Sei es einem unstillbaren Geschwindigkeitsbedürfnis, dem Nachahmungstrieb, Abneigung gegen Schweiß,
Technikgeilheit oder irgendeiner Form der Bequemlichkeit geschuldet,
Ihr müßt es jetzt einfach tun, jetzt ist es soweit die Auswahl ist unüberschaubar
und ist es doch auch irgendwie "grün", manchmal, vielleicht,oder etwa nicht?!
Über 2,37 % der Elektroradkäufer haben laut Statistik nach der Anschaffung ein oder mehrmals
ihr Auto, ihren Zweitaktmotorroller oder ihren Helikopter zugunsten des E-bikes stehengelassen.
Öfter allerdings Ihr Fahrrad.
An Euch wende ich mich:
Ihr seid keine Radfahrer mehr,
Ihr seid exkommuniziert !!!
Statt eure teilweise völlig heruntergerittenen, ehemals guten Fahrräder mit einer ausreichenden Investitionssumme
wieder in einen guten Zustand zu bringen, unter dem Leichtlaufaspekt aufzurüsten oder gar die Anschaffung eines
guten Neurades zu erwägen, gebt Ihr Euer Geld für eine auf manchen Gebieten umweltfeindliche, unausgereifte und nicht
ganz ungefährliche Technik aus.
Wenn diese neuen, empfindlichen und komplizierten Räder genauso behandelt werden, wie viele normale Räder,
die mir seit mehr als 25 Jahren in meinem Laden vor Augen kommen, dann sehe ich schwarz.
Viele Radfahrer_innen sind schon mit der ganz oberflächlichen Kontrolle des Luftdruckes ihrer Alltagsfahrräder
überfordert, von Bremsen und Licht ganz zu schweigen. Jetzt, bei der Bauart vieler Elektroräder, kommen neue
Aspekte hinzu, die technische Überforderung vieler Nutzer nimmt weiter zu; eine Entwicklung die in dieser Branche
leider schon mehr als zwanzig Jahre zu beobachten ist.
Es gibt wirklich viele gute, nützliche Verbesserungen der Fahrradtechnik bei Bremsen, Licht, Schaltung, Fahrkomfort
etc.,
aber gleichzeitig wurde die Haltbarkeit vieler Komponenten dramatisch verringert - meist ganz ohne Not sondern
bei vollem Bewusstsein der Folgen, unter völliger Vernachlässigung der Nachhaltigkeit! Der Weiterbau von Bewährtem,
gar Modellpflege an wichtigen Stellen, ausgeschlossen.
Es ist eindeutig zu erkennen, es geht um`s Geld und um Bedienung der Fortschrittssucht,
mit der ja
alles begründet werden kann.
Sicher gibt es Leute, die auch ohne dementia praecox (kann so ab 16 Jahren auftreten) nach einer Äpp
für Ihr Schmarrnphohn suchen, um in der neuen Wohnung ihr Gästeklo per
Navigationssystem auffinden zu können.
Juchhuh!
Ja, ihr werdet den pfiffigen Anbietern und Trenderfindern (ein anderes Wort für Fallensteller) die Euros auf´s
Konto schaufeln, aber sucht dann Bahnhofsräder für 30,- € mit gebrauchtem Zwei-Euro-Schloß. Schön,
dass es euch gibt.
Traurig wie viel Geld nun weniger für hochwertige, echte Fahrräder bzw. für deren Wartung und Instandsetzung
ausgegeben werden wird. Da muss man sich als Fahrradhändler entscheiden - und viele haben sich
längst entschieden (finanziell verständlich).
Wir wollen allen, die uns ihr Vertrauen schenken (oder leihen) auch bei "E-Bike" Problemen helfen; klar! Was wir
reparieren können, werden wir reparieren. Gängige Ersatzteile besorgen wir in ein/zwei Tagen, so wie bisher auch.
Wir werden aber diese neue Welle nicht beklatschen oder fördern, das ist wohl klargeworden.
Akkugespeiste Helmheizung/-kühlung, Stromtankstellen im Wald, eine mit Bassboxen versehene Musikanlage
oder vielleicht eine drahtloses Leitsystem für E-biker?
Allen Unernstes, es laufen in Karlsruhe bereits Versuche E-biker zwischen den Straßenbahnen mit stützenden
Luftkissen auf den Schienen einzuspuren (natürlich mit Frühbucherrabatt)! Nein, dem elektronischen Fortschritt
darf nichts verboten sein, sogar der Nuklearantrieb ist angedacht. Echt!
Zum Trost für "uns" winkt den Elektronisten eine Fahrprüfung und die Pflicht verbrauchte
Akkus im eigenen Garten eingraben (pfui) oder aufessen zu müssen.
Schon der Name iiiih-beigg sagt genug. Ich habe schon Sonderangebote für 799,99 €
gesehen, nein, nicht im Internet, bei einem Autohändler!!
Wie gesagt, eine Polemik.
Gute Fahrt wünscht trotz alledem, Radler-Martin, Nov. 2013